Samstag, 31. Mai 2014

Fazit nach zwei Monaten


Berlin ist, wie so manch Grosses, voller Widersprüche. Es gibt hier womöglich alles.
Die soziale Situation schätze ich so ein: Berlin ist eine Stadt für Menschen und gibt viele Freiheiten. Die Probleme einer Grossstadt, die vielen Ausländer (hier vor allem aus Osteuropa, Polen), der Wohnungsmangel im bezahlbaren Segment, die Harz IV-Empfänger und all die, die in einem Programm laufen, das daraus herausführen soll, die Rentenbezüger, die Gesundheitsversorgung, werden gesehen und auch engagiert angepackt. Das sehe ich vor allem darin, dass sehr viele Bürger hier ehrenamtlich tätig sind. Es wird sehr viel unbezahlte Arbeit zugunsten Schwächerer geleistet. Dabei wird sorgfältig Rücksicht auf Andersdenkende genommen. Die Freiheit anders zu leben als das der Norm einer Mehrheit entspricht, gibt es hier. Die Schattenseiten sind auch zu sehen: Der Obdachlose, der in zerlumpten Kleidern barfuss durch den Hauptbahnhof irrt – er will nicht anders und weist jeden von sich. Die manchmal schräge Architektur ist hier ab und zu noch möglich. Wohnen wie’s mir gefällt, kann man in Berlin. Aber auch hier regiert das Geld. Die Schere von Arm und Reich geht weiter auseinander. Luxuswohnungen schiessen aus dem Boden. Teure Wohnungssanierungen ergeben teure Wohnungen. Kinder werden vernachlässigt weil die Kasse sonst nicht stimmt. Zu DDR Zeiten hat man die Kinder schon früh den Eltern (weg-)abgenommen. Das wird jetzt im kapitalistischen System ebenfalls gemacht. Auf dem Buckel der Kinder und Eltern wird die Wirtschaft bedient. Armut herrscht vor allem bei Alleinerziehenden, Arbeitslosen und Rentenbezügern. Die Krankheitskosten werden vermehrt noch auf die Kranken übertragen, was manche zur Armut treibt. Die Solidarität der Besserverdienenden wird in Zukunft noch mehr gefragt sein, denn nur über Steuereinnahmen wird eine Finanzierung zur Behebung von Armut möglich sein.
Wir leben hier in einem Stadtteil mit sehr vielen Einbrüchen. Dennoch fühlen wir uns sicher. Es gibt zwar manchmal Situationen in denen viel Polizei zu sehen ist. Aber den Bösewicht bekomme ich dann selten zu Gesicht. Die Menschen leben in der üblichen Grossstadthecktick. In der S-Bahn hat jeder seine Stöpsel in den Ohren und seinen Blick konzentriert auf das i-phone. Man spricht nicht mit Fremden. Einer Bettlerin wirft man 50 Cents in den Becher. Die überdimensionierten Werbeplakate dominieren die stille Kommunikation: „Alles geben, nichts nehmen.“ „Sicherheitshinweis: Lassen sie ihr Gebäck nicht unbeaufsichtigt!“ Und die grosse Frage ist immer: Wo geht es weiter? Welcher Zug, welche Zeit, welches Gleis, welcher Wagen, welcher Sitz, welche Tür? Der Bahnhof ist nicht zum Verweilen gemacht. Hier will jeder weg.
Ich bin dankbar, dass ich hier diese Arbeiten machen darf: Auf dem Boden der manchmal sehr einfachen Verhältnisse, dann aber auch im Kontakt mit dem Mittelstand. Im Miteinander in auch ab und zu komplizierteren Verhältnissen. Ich finde es sehr interessant, wie sich die Menschen hier organisieren, wie sie sich gegenseitig helfen, wie sie Wege suchen das Leben zu meistern. Oft geht es in meiner alltäglichen Arbeit um einfache Dinge wie sauber machen, Brötchen streichen, jemandem zuzuhören, einen Auftrag auszuführen, Holzlatten zu sägen, eine Tür weiss anzumalen, Schrauben anzuziehen, einen Schlüssel abzuholen, Kisten zu stapeln, Kleider zu sortieren, jemanden zum Zug zu bringen, Kaffee zu kochen, eine Auskunft zu geben, Abfall zum Container bringen oder Möbel zu transportieren. Manchmal schlägt mein Herz auch höher: Wenn jemand mit einer blutenden Wunde kommt und ich sie versorgen kann. Wenn sich ein Gespräch über den Glauben entwickelt. Wenn ich dann sagen kann: Das habe ich gut gemacht. Das stärkt mich, gibt mir Freude und ich merke immer mehr, wer ich denn wirklich bin…
Auf meine Frage, wie denn Jesus hier in Berlin verkündet wird, bekomme ich schrittweise Antworten. Es wird viel sozial-diakonische Arbeit getan und das mehr und öfters als in der Schweiz. Sie geschieht unter der bewussten Motivation des christlichen Glaubens: „Ich arbeite hier für Gottes Reich.“ Es wird versucht, Inseln der Wortverkündigung einzubauen: Andachten, Vorlesen – auch die wöchentliche Mitarbeiterversammlung in der „Glocke“ hat einen geistlichen Teil. Dass mitten in dieser Sozialeinrichtung an der Lehrter Strasse eine Kapelle gebaut wurde und diese bewusst auch transparent gestaltet ist, zeigt auch den Willen und die Richtung in der gegangen wird. Einzelseelsorge findet statt. Sr. Inge ist da ein leuchtendes Beispiel. Die Gottesdienste sind auf Jesus zentriert und eher traditionell gestaltet. Das stört hier aber nicht. Im Gegenteil ist es wohl für manche eine Hilfe, eine Sicherheit, wenn die liturgischen Elemente wie „Vater unser“, Kollekte mit dem Körbchen einsammeln, Glaubensbekenntnis und Schriftlesung jeden Sonntag erscheinen. Was zudem auffällt: In Berlin gibt es keine grossen Gemeinden. Dafür viele kleine.

Mittwoch, 28. Mai 2014

Gottesdienst Nr. 13


Abends 18.00 Uhr. Der Gottesdienst in der Jungen Kirche Berlin-Lichtenberg beginnt. Im Dachstock eines fünfgeschossigen Gebäudes hat die Stadtmission die Gemeinderäume eingerichtet. 100 Sitzplätze vor der Bühne und viel Platz im hinteren Teil des Saales lassen Spielraum um sich während des Gottesdienstes wohl zu fühlen. Im Mittelgang steht mitten unter den Leuten das grosse Kreuz. Eine dreiköpfige Band (Bass, A-Gitarre, Schlagzeug) begleitet die Lieder. Ein Lied wird nur mit dem Schlagzeug ganz fein begleitet. In anderen Liedern lässt der Sänger die Gemeinde auch mal alleine singen. Die Liedtexte werden ganz einfach, weiss auf schwarz mit dem Beamer projiziert. Der junge, spritzige Moderator bringt seine Ansagen gut auf den Punkt. Kerzen brennen, kommen aber bei der Sonneneinstrahlung wenig zur Geltung. Die Kinder haben einen eigenen grossen Raum für ihre „Party“ zur Verfügung. Die Predigt einer Kandidatin für die Pastorenstelle ist etwas zu jugendlich geraten. Wahrscheinlich war die Frau unter grossem Druck. Jesus war bei Simon zu Gast und die Frau mit dem Salböl kam in diese Männerrunde. Jesus reagierte nicht so wie wir Menschen. Er schubladisiert uns nicht so. Aber wir tun es sehr schnell.
Interessant scheint mir, dass auch in dieser jungen, dynamischen Gemeinde ganz traditionelle Elemente nicht fehlen. So wurde ganz selbstverständlich im Namen der Dreieinigkeit der Gottesdienst begonnen und am Ende des Gottesdienstes wurde das Vater unser gebetet.

Montagsdemo


In Berlin gibt es täglich irgendwelche Demonstrationen – mindestens 300 pro Jahr. Es gibt sogar ein eigens dafür zuständiges Amt, das diese Demonstrationen koordiniert. Im Alltag von Berlin sind sie aber kaum je ein Thema. Vielleicht geht jemand mal bewusst hin. Meistens läuft man zufälligerweise an eine heran. Vor allem beim Brandenburger Tor wird täglich für oder gegen etwas demonstriert. An die Anti-AKW-Demo vor zwei Wochen bin ich auch zufälligerweise herangelaufen. Von den neuen Montagsdemos hatte ich bis dahin noch nie gehört. Aus der Schweiz bekam ich den Tipp. Eine kleine Internetrecherche im Voraus sagt mir: Demo gegen Harz IV, für den Frieden, gegen Faschismus, gegen Zinsen, gegen den Weltkapitalismus, da vor allem gegen Amerika, gegen die russische Ukrainepolitik, für Freiheit, Warnung vor Verschwörungen aller Art, Klänge von Antisemitismus, Stimmen von rechts und links, Ausdruck von Unzufriedenheit, gegen die Überwachungsmachenschaften von Geheimdiensten, gegen die etablierte Presse, gegen einseitigen Journalismus, gegen Politiker, gegen Parteien, Aufruf zum Wahlboykott und noch einiges mehr. Die neuen Montagsdemos profitieren vom guten Ruf der alten Montagsdemos. Diese waren 1989 und 1990 ein wichtiges Instrument von DDR-Bürgern um gegen die DDR-Herrschaft zu demonstrieren. Die neuen Montagsdemos scheinen nun aber wenig Profil zu haben und ich bin etwas ratlos, was sie wollen. Darum gehe ich mal schauen (wenn ich schon so nahe daran wohne).
Ich war etwa eine halbe Stunde vor dem Brandenburger Tor. Die Demo lief schon fast eine Stunde. Es waren vielleicht 1000 Leute da. Ein bunt gemischtes Volk. Die Stimmung ruhig, fröhlich und manchmal auch ernst. Ansprachen wechselten mit Musik. Heute war ein 21-jähriger Rapper da. Ein Refrain aus seinen Texten gibt eine der vorherrschenden Haltungen glaube ich gut wieder: „Die wollen uns alle verarschen!“ Was echt gut war, war das Gedicht von Wolfgang Borchert „Dann gibt es nur eins!“. Das Gedicht wurde von einer Frau vorgetragen, die auf ihrem T-Short folgendes geschrieben hat: „Art. 1 GG“. Artikel 1 des Grundgesetzes: „
Im Gedicht kommt unter anderem folgende Aussage: „Du. Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst den Mord segnen und den Krieg heilig sprechen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!“ Das nehm ich doch mal für mich. Am Schluss des Gedichtes betonte sie dann aber auch das, wozu sie JA sagt: „Ich sage ja zu den allgemeinen Menschenrechten. Artikel 1 unseres Grundgesetzes liegt mir am Herzen. Ich schlage vor, dass wir uns alle das Grundgesetz besorgen und es um 12.00 Uhr am Dienstag – wo wir auch sind – hochhalten und sagen: Das nehmen wir ernst!“. Hier der Artikel 1 des Grundgesetzes: (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. (3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht“.
Eine andere Rednerin sagte Dinge wie: „Die Andern hassen was ist, wir lieben was noch nicht ist.“ „Glück kostet mich nicht viel. Es ist ein Lächeln – lächelt euch an – die kürzeste Distanz zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln.“ Dann kommt ein Gedicht von ihr: „… es nimmt dir das Licht, es nimmt dir die Sicht.“ Ein Schamane hantiert neben dem Zelt etwas mit Ästen und Bildern – er hört auf jeden Fall nicht den Redner zu. Plakate werden hochgehalten: „Stoppt die Kriegstreiber“. Sportlich gekleidete Leute halten blaue Ballone mit der weissen Picasso-Friedenstaube in den Händen. Manche sitzen einfach da. Andere spielen mit ihren Kindern. Einige Ordnungshüter stehen am Rande und noch mehr am Rande steht ein Polizeiwagen. Die Polizisten gelangweilt herumsitzend. Ein älterer Mann spricht mit ihnen – ich höre: „Wir müssen euch bezahlen, dass ihr rumstehen müsst.“ Der Polizist nickt. Auf der andern Seite des Brandenburger Tors eine zweite Demo. Ein Banner und einer mit einem Megaphon: Er beruft sich auf Artikel 146 des Deutschen Grundgesetzes: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Soviel ich mitbekomme, ist er vor allem mit der Politik Deutschlands mit Russland unzufrieden. Aber ihm hört kaum jemand zu. Ab und zu bleiben Touristen stehen und einer macht sogar eine Foto.

Dienstag, 27. Mai 2014

Gottesdienst Nr. 12




Mit etwa 40 Gottesdienstbesuchern feiern wir im Zentrum der Stadtmission. Ein Gemeindeglied hat vor etwa einem Jahr in der Stadtmission Obdach gefunden, nachdem er aus seiner Wohnung gemobbt wurde und arbeitslos war. Hier hat er mit dem Malen begonnen. Heute nun durften wir von ihm ein Bild entgegennehmen, das künftig die Kapelle schmücken wird. Pastor Thomas Hölzemann nahm das Bild für seine Predigt zum Aufhänger: Kunst kann manchmal auch eine Zumutung sein. Der Künstler traut uns etwas zu. Er hat in uns Vertrauen, dass wir aus seinem Bild etwas nehmen und/oder machen. Das ist wie bei Gott. Gott gibt uns das Leben, den Weg, Gaben, Farben, Erlebnisse, Begegnungen, usw. Er traut und mutet uns zu, dass wir aus diesem Anvertrauten, dem Geschenkten, etwas machen. Lukas 9: Jesus mutet seine Jüngern nun zu, selber zu gehen, zu reden und zu heilen. Sie sollen nicht nur Fans, Betrachter, Bestauner, (Anhimmler), Autogrammsammler von Jesus sein. Sie sollen in der Kraft, in der Macht, in der Vollmacht, mit der Gewalt die Jesus gibt zu den Menschen gehen. In die Welt gehen. Jesus selber ist dabei die Kraft. Denn wie beim Bild das Kreuz in der Mitte ist: Jesus ist mitten unter ihnen. Sie sollen fast nichts mitnehmen. Das will uns fragen lassen, was wir als Christen denn nun wirklich alles brauchen. Vieles ist gut (z.B. Bibelkenntnis, Erfahrungen, Taten) aber das macht unser Christsein nicht aus. Ich brauche auch nicht ein zweites Hemd, das ich womöglich einfach nur über das schmutzige Hemd darüber ziehe. Denn wir scheitern, wir haben nicht immer Erfolg. Manches gelingt nur halbwegs. Mangel ist immer irgendwie da. Was wir aber nie vernachlässigen können ist, das in und mit Jesus sein. Er traut uns Erfolge und Niederlagen, Siege und Scheitern zu. Er bleibt mit uns verbunden.
Am Schluss wird unter anderem für ein gutes Wahlergebnis für die EU-Wahlen gebetet.

Montag, 26. Mai 2014

Wahlen



2,5 Mio. Berliner können in 1709 Wahllokalen ihre Vertretung ins Europaparlament wählen. Dazu gibt es 24 Parteienlisten. Deutschland hat 96 Abgeordnete im 751 köpfigen EU-Parlament. Hier in Berlin sehe ich vor allem die vielen Plakate von Köpfen mit lächelndem Mund und weissen Zähnen. Manche Sprüche sind witzig, manche bissig, manche banal. Einige kleine Demonstrationen und Aktionen versuchen die Bevölkerung zu mobilisieren, zu informieren und/oder zu beeinflussen.


Mitten auf einer Verkehrsinsel spielte gestern eine Band recht gute Musik und warb für irgendeine Partei. Vor zwei Wochen in der Andacht sagte Pfr. Filker: „Wir feiern 75 Jahre Stadtmission Tegel. 1939, wenige Monate vor Kriegsausbruch wurde die Stadtmission gegründet. Da ist etwas zu bedenken: Hitler hatte nie die Mehrheit des Deutschen Volkes hinter sich. Sechs Jahre vor Kriegsausbruch kam er an die Macht. Da begann das Unheil. Die Nationalsozialisten kamen nur an die Macht, weil zu viele nicht wählen gingen. Wenn wir jetzt dann Europawahlen haben, bedenkt das. Geht wählen! Vielleicht hat die Wahl heute und morgen noch keine grosse Auswirkung. Aber in sechs Jahren kann alles Unheil da sein. Heute haben wir die Möglichkeit das zu steuern. Darum ist es wichtig wählen zu gehen.“
Als Zweites haben die Berliner über eine Vorlage zur Gestaltung des Tempelhofer Feldes zu befinden. Zwei Varianten, wie dieses Gelände des ehemaligen Flughafens genutzt werden könnte, stehen zur Abstimmung.
Eines der Wahllokale ist bei uns, in den Räumen der Gemeinde im Zentrum am Hauptbahnhof der Stadtmission. Von 8.00 bis 18.00 Uhr können hier die Bürger ihre Stimmen abgeben. Auch während des Gottesdienstes kommen Leute und gehen, getrennt durch eine Glasfront, neben der feiernden Gemeinde zum Stimmlokal.

Nachkriegsentwicklung


Während in Westdeutschland nach dem Krieg der Aufbau schnell vorangetrieben wurde – das auch besonders mit der Hilfe Amerikas – ging das im Ostteil ganz anders zu und her. Hier war die russische Besatzungsmacht und diese hatte eher die Einstellung, dass Deutschland bestraft werden müsse, dass der Sieger den Verlierer ausnehmen dürfe. Der Deutz-Dieselmotor an der Fichtestrasse blieb als einziger solcher Motoren an Ort und Stelle, weil er in meterdicke Mauern einbetoniert war. Alle andern Motoren wurden Richtung Osten verfrachtet. Das als kleines Beispiel. Russland hat die Art und Weise wie man mit Besiegten umgeht, es dem Versailler Vertrag und dessen Ausführungen übernommen – also nichts gelernt. Die Westmächte haben die Nachkriegszeit in Deutschland so gestaltet, dass sich Deutschland wieder erholen konnte und sich zu einem normalen Staat entwickeln konnte.

Stasi Gefängnis





In Berlin-Hohenschönhausen befindet sich ein grosses Gelände, das zur DDR Zeit Sperrgebiet war. Kein normaler Bürger durfte dieses Gelände betreten. Grund dafür war, dass hier das Stasi-Gefängnis war. Ebenfalls im Sperrgebiet waren die Wohnhäuser der Stasimitarbeiter dieses Gefängnisses. So wohnte der Stasi-Psychiater gleich neben der Gefängnismauer in einem Einfamilienhaus. Übrigens lebt er immer noch dort – und führt eine eigene Praxis… Rund 2‘500 Mitarbeiter wohnten hier.
Der Kern der Anlage wurde in der Nazizeit 1939 als Grossküche gebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Bauten zu einem sowjetischen Sammel- und Durchgangslager und dann zum zentralen sowjetischen Untersuchungsgefängnis für Ostdeutschland ausgebaut. 1951 übernahm das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) das Gefängnis und nutzte es bis 1989 als zentrale Untersuchungshaftanstalt.
Ab 1947 mussten Häftlinge im Keller des Fabrikgebäudes fensterlose Zellen errichten: Das sogenannte „U-Boot“. Die Zellen waren (und sind) feucht und kalt. Eine Holzpritsche, 168cm lang diente als „Bett“, ein Blechkübel mit Deckel war die Toilette, pro Tag und Häftling gab es ein Blatt Toilettenpapier, in unregelmässigen Abständen konnten die Häftlinge ca. alle drei Wochen einmal duschen und das war dann auch ihr „Freigang“. Durch das ständig brennende Licht, den Schlafentzug und die nächtlichen Verhöre, auch durch andere Foltermethoden wie Übergiessen mit Wasser (die Kleider trockneten in den feuchten Zellen kaum) wurden Aussagen erzwungen. Es gab viele Suizide und das vor den Augen der hilflosen Mithäftlinge. Häftlinge waren NS-Verdächtige, Angehörige demokratischer Parteien, auch Kommunisten und sowjetische Offiziere die nicht linientreu waren. Dieses Stalin-Gefängnis war schlechter als die Gefängnisse zur Kaiserzeit (vergleiche Moabit-Gefängnis).
Ab 1951 übernahm die Stasi das Gefängnis. Es waren die unterschiedlichsten Häftlinge da: Streikführer des Aufstands vom 17. Juni 1953, Reformkommunisten oder auch Anhänger der Zeugen Jehovas. Einzelne SED-Kritiker aus dem Westen wurden in den Osten entführt und hier ins Gefängnis gebracht. Ende der 50er Jahre wurde ein Neubau mit über 200 Zellen und Vernehmungsräumen gebaut. Nun wurden hier vor allem Menschen eingesperrt, die versucht hatten in den Westen zu fliehen oder sich politisch nicht parteikonform geäussert hatten. Nun wurde mit psychologischen Mitteln gefoltert. Die Häftlinge wussten nicht wo sie waren. Sie waren isoliert, durften nicht miteinander reden, konnten nur durch vergittertes Milchglas eine Aussenwelt erahnen, die Lüftung der Zelle geschah indirekt mit einem Schieber geregelt. Wenn man nicht in Einzelhaft war, wohnte man „in einem WC mit zwei oder vier Betten“. Alle mussten – und das wurde kontrolliert! – auf dem Rücken mit den Armen parallel zum Körper schlafen. Drehte sich jemand im Schlaf um, wurde er mit Klopfen an die Zellentüre geweckt und es wurde gebrüllt: „Schlafordnung einnehmen!“. Es gab hier „Freigangzellen“, sogenannte „Tigerkäfige“. Denn sie waren so klein, dass die Häftlinge sich wie Tiger im Zoo bewegen mussten. Eindrücklich ist der Verhörtrakt. Hier reihen sich die Zimmer aneinander, die schalldicht gebaut sind, die büroähnlich mit Tisch und Stühlen, Telefon und Schrank ausgestattet sind – in denen aber stundenlang mit raffinierten Methoden die Menschen eingeschüchtert und zu Aussagen gezwungen wurden. Beispiel: „Wenn sie nicht aussagen, müssen wir noch jemanden verhaften.“ Zweites Beispiel: Der Gefangenen wird ihr Lieblingstee serviert, obschon sie das nie kundgetan hat. Woher wissen die, welchen Tee sie liebt? Die Frau erfährt nach der Wende aus den Stasiakten woher. Ihr Ehemann war für die Stasi tätig ohne dass sie es wusste. Er liess sich darauf hin von ihr scheiden.
Das Gefängnis ist im Original erhalten. Auch der Rosengarten im Hof. Er war für die Stasi angelegt worden. Die Gefangenen bekamen ihn nie zu sehen. Die Stasi entwickelte eine eigene Sprache. Beispiel: „operativ“ hiess „geheimdienstlich eingreifend“.


1953 wurde die Grossmutter unseres Ausstellungsführers verhaftet. Sie war damals 59 Jahre alt. Grund: „Gefährdung des Weltfriedens, Vorbereitung eines Weltkrieges, Unterstützung von feindlichen Kräften“. Sie war Mitglied bei den Zeugen Jehovas. Sonst nichts. Er selber wollte als 19-jähriger aus der DDR flüchten. Das misslang und er wurde 10 Monate inhaftiert. Dann wurde er von der BRD für umgerechnet 70‘000 Euro freigekauft – oder man kann auch sagen von der DDR für dieses Geld verkauft. Es wurden in den 80er Jahren vermehrt Menschen inhaftiert und in den Westen verkauft. Das gab die dringend benötigten Devisen. In seiner Stasiakte standen Dinge wie „kurze Finger, hohe Stirn“. Wenn man diese Akte liest, erfährt man auch etwas über das Bildungsniveau der Beamten. So steht in seiner Akte: „J ist intelligend.“ (Wahrscheinlich dachte der Stasibeamte an das Ende….).
Nach der Wende wurde das Gefängnis noch kurz für die Stasimitarbeiter genutzt. So war hier 1990 Erich Mielke inhaftiert (ja, in seinem eigenen Gefängnis!). Er hat sich über die Haftbedingungen beschwert.
Diese Gedenkstätte ist sehr wichtig. Gemäss unserem Führer wird von vielen Bewohnern gerade hier in der Umgebung des Gefängnisses das Geschehene ausgeblendet, verdrängt, beschönigt oder auch geleugnet. Es ist Touristen passiert, als sie nach dem Weg zu dieser Gedenkstätte fragten, dass sie in die entgegengesetzte Richtung gewiesen wurden.
Die Frage bleibt: Wie konnte es soweit kommen? Und was können wir daraus lernen, damit sowas nicht wieder geschieht? Menschen einengen, kontrollieren zu wollen, sie zu beherrschen – das entsteht immer wieder in der Gestaltung des Zusammenlebens. Denn totale Freiheit – im Sinn „mir sind nirgendwo Grenzen gesetzt“, gibt es nicht. Dem ist aber sorgfältig zu begegnen indem jedermann gut hinschaut und sich nicht bequem treiben und führen lässt. Und es ist jedem übertriebenen Machtanspruch entschieden entgegenzutreten. Schief läuft es, wenn die Zustände wie in der DDR werden/sind: Keine öffentliche Meinungsfreiheit, keine Meinungsvielfalt in den Medien, Einschränkung der Reisefreiheit, Propaganda des Staates „die einzig wahre Gesellschaftsordnung“ zu sein und zugleich Mangelversorgung in jeder Hinsicht zu haben, Misstrauen des Staates gegenüber seiner Bürger, keine privaten Vereine/Institutionen und Verehrung der hohen Politiker. Solange Gegenpole leben und sich äussern dürfen, kann Macht bestehen bleiben. Der Machthabende muss Qualifikationen haben: Er muss sich selber als Lernender verstehen dem auch Kritik entgegengebracht werden kann und der diese reflektiert, verarbeitet (nicht unbedingt alles für sich übernimmt) und sich mit seinen Kritikern versöhnlich weiterbewegt. Denn auch die Kritiker können Machtmenschen sein oder werden. Die Gefahr des Grössenwahns lauert überall.
Quellen: Faltprospekt der Gedächtnisstätte; Cliewe Juritza, Hardburg Stolle: Als die Berliner Mauer noch kein Denkmal war, 2008.

Samstag, 24. Mai 2014

Dankesfeier


Etwa 350 Ehrenamtliche und freiwillige Helfer haben sich am Abend im Stadion des 1. FC Union in Berlin-Köpenick eingefunden. Wir waren von der Stadtmission und des Fussballclubs zu diesem Abend eingeladen worden. Als Dank und Würdigung für unseren Einsatz. Es gab Ansprachen, Stadion-Besichtigung, ein Gruppenspiel und Verpflegung vom Grill (Brötchen mit Bratwurst oder Steak).
Der 1. FC Union hatte ein baufälliges Fussballstadion. Und es gab weder Geld von der öffentlichen Hand noch private Sponsoren, die eine Renovation ermöglicht hätten. So begannen einige Vereinsmitglieder mit kleinen Reparaturarbeiten und innerhalb weniger Wochen wuchs das Ganze zu einer Bewegung von über 2000 freiwilligen Helfern. Das Stadion wurde einfach aber praktisch gestaltet und glänzt nun wieder in den Vereinsfarben rot-weiss bei etlichen Veranstaltungen. Ja, es wird nicht nur für Fussballspiele verwendet. Auch Anlässe wie unsere Feier finden da Platz. Parallel zu unserer Feier fanden Dreharbeiten für einen neuen Kinofilm hinter der Haupttribüne statt. Der 1. FC Union veranstaltet mit dem Ortspfarrer in der Weihnachtszeit etwas Besonderes: Da werden alle Fans ins Stadion eingeladen – aber nicht für Fussball – da werden Weihnachtslieder gesungen. So sangen im vergangenen Jahr in diesem Stadion 27‘000 Leute Weihnachtslieder!
In der Einladung zu unserer Dankesfeier steht: „Der Ehrenamtsball ist rund. Niemand kann ihn alleine spielen. Ob Verteidiger, Stürmer oder Torwart – Arbeit im Team ist unerlässlich. Sie sind ein Teil des Stadtmissions-Teams und tragen dazu bei, dass es Menschen in Berlin und Brandenburg besser geht. Vielen Dank! Mit dem 1. FC Union haben wir einen Partner für unseren Dan an Ehrenamtliche gefunden, der zum einen schon seit längerer Zeit Freund und Unterstützer der Berliner Stadtmission ist und zum anderen viele unserer Ideen für diese Stadt teilt.“

Donnerstag, 22. Mai 2014

Humor Nr. 05

Meinerseits kein Kommentar...

Auf der Strasse des 17. Juli sind die langen Bänke auf dem Tisch

Es ist gut, wenn nicht alle Wege begangen werden können

Mittwoch, 21. Mai 2014

Stasiakte


M. erzählt mir, dass er aus Neugierde nach seinen Stasiakten fragen liess. Nach etlicher Zeit bekam er tatsächlich Bescheid. Als ihm die Akte zum Lesen vorgelegt wurde, hatte er eine Betreuerin zur Seite. Zuerst habe er gedacht, dass er die sicher nicht brauche. Aber als ihm die umfangreiche Akte (zuerst mal 60 Seiten, später kamen noch mehr dazu) vorgelegt wurde und er darin las, war er froh, dass jemand hier war, mit dem er sprechen konnte. Er war völlig überrascht und durcheinander. Seit seinem 12ten Lebensjahr wurde er beobachtet. Er weiss heute noch nicht warum. Alle andern Familienangehörigen haben keine Akten. Für die späteren Jahre hat er Erklärungsversuche bereit: Er ist nicht in die Partei eingetreten, hat bei einer parteilinientreuen Zeitung gearbeitet, wollte in der Armee als Schriftsetzer arbeiten. Er wurde von zwei Freunden denunziert, die in den Akten Geschichten gegen ihn erzählten, die erfunden waren. Er hat diese „Freunde“ danach kontaktiert und gefragt, warum sie das so gemacht haben. Aus Angst. Weil sie Geld bekommen hatten. Einen dritten Spitzel kannte er nicht. Es waren Dinge registriert, die recht intim waren, die aber völlig harmlos und nichtssagend sind, wie: „8 Uhr 35. Eine junge Frau schaut aus seinem Küchenfenster hinaus.“ Oder „Kommt vermutlich von der Arbeit nach Hause.“ Er bekam dann eine Kopie seiner Akten. Sie hätten in der DDR gar nichts anderes als dieses Leben gekannt. Erst nach dem Mauerfall habe er erkannt, in was für einem Gefängnis er gelebt habe.

Dienstag, 20. Mai 2014

Willi


Willi treffen wir oft auf dem Gelände der Stadtmission und in der Gemeinde. Seine Lebensgeschichte ist schon zweimal in Zeitungen erschienen. Er hat sie mir gegeben. Berliner Zeitung, 23. August 2013, von Nadja Heine:
Mit Kochmütze und weissem Kittel - so kennt man Willi in der Stadtission. Für seine Gäste hat er immer ein Lächeln auf den Lippen. Als Hilfesuchender kam Wilfried Jarzinka (53) einst hierher und wurde selbst zum Helden. Willis Lebensweg war voller Hürden. Als eines von fünf Geschwistern fühlt er sich in der Kindheit vernachlässigt. "Sobald etwas passiert ist, habe ich die Schuld bekommen. Ich war stets das schwarze Schaf", sagt der gelernte Konditor. Mit 13 beginnt er, seine Sorgen mit Alkohol zu betäuben. Mit 22 Jahren verliert Jarzinka seine Arbeit, will im Westen ein neues Leben beginnen. Beim Fluchtversuch aus der DDR wird er geschnappt, muss für ein Jahr ins Zuchthaus, bis die Bundesrepublik ihn freikauft. Er kommt nach Nordrhein-Westfalen, ist dort aber unzufrieden. Trost spendet wieder der Alkohol. Willis Leben verläuft wie eine Achterbahn. In der Stadtmission findet er Hilfe und Freunde, macht einen Alkoholentzug. Jarzinka engagiert sich dann selbst ehrenamtlich als Gärtner und Hausmeister, später in der Küche, bekommt sogar eine Festanstellung. Der ehrenamtlichen Arbeit in der Bahnhofsmission und bei der Kältehilfe ist er trotzdem treu geblieben. "Ich möche von der Hilfe, die ich über die Jahre bekommen habe, etwas zurückgeben", sagt er.

Montag, 19. Mai 2014

Gottesdienst Nr. 11



Gottesdienst in der Wilhelm Gedächtniskirche. Die Kirche ist bekanntlich eine Touristenattraktion. Den ganzen Tag wird sie von Menschen besichtigt. Und viele davon werden wohl keine Ahnung von dem haben, der vorne über dem Altar hängt. Aber heute um 18.00 Uhr läuteten die Glocken für den Gottesdienst. Die Touristen wurden abgewiesen, respektive für den Gottesdienst eingeladen. Drei Polizeimannschaftswagen warteten draussen – keine Ahnung warum die da waren. Neben dem Eingang zur Kirche demonstrierten eine Hand voll Afrikaner wegen ihrer lebensunwerten Situation.
1895 wurde die Kirche erbaut. Die Glocken wurden aus erbeuteten Geschützen des deutsch-französischen Krieges gegossen. Im Zweiten Weltkrieg wurden, bis auf eine, diese Glocken wieder zu Geschützen umgegossen. Bomben der Alliierten zerstörten die Kirche weitgehend. Der Turm mit der abgebrochenen Spitze blieb stehen und wurde als Denkmal erhalten. Zurzeit wird der untere Teil des Turms renoviert. Damit die Gemeinde dennoch eine Kirche hat, wurde 1961 der neue Glockenturm und das achteckige Kirchenschiff eingeweiht. Zu denken geben die Inschriften der neuen Glocken: Eure Städte sind mit Feuer verbrannt (Jes 1, 7). Aber mein Heil bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird kein Ende haben (Jes 51, 6) Er vergilt uns nicht nach unserer Missetat (Psalm 103, 10) Gott, dein Weg ist heilig (Psalm 77, 14) Hilf deinem Volk und segne dein Erbe (Psalm 28, 9) So sind wir nun Botschafter an Christi Statt; denn Gott vermahnt durch uns; so bitten wir an Christi Statt: Lasset euch versöhnen mit Gott! (2. Kor 5, 20) Seid fleißig zu halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens (Eph. 4, 3).
Ein Pianist, ein Saxophonist und eine Cellistin (Uwe Steinmetz & Co) spielen Variationen von Melodien geistlicher Lieder. Von ihnen wird dann auch der ganze Gottesdienst musikalisch begleitet. Thema des Gottesdienstes ist „Leben! - ohne Vertrauen?“ Zuerst wird Alexander Garth interviewt. Das anschliessende Musikstück inspirierte mich zu folgendem Gedanken: „Man kann auch ruhig, fein, tief und berührend reden. Das müssen wir nicht der Musik alleine überlassen.“
Ulrich Parzany hält eine feurige evangelistische Predigt zum Bibeltext Johannes 5,44 „Wie könnt ihr glauben, die ihr Ehre voneinander annehmt, und die Ehre, die von dem alleinigen Gott ist, sucht ihr nicht?“. Viele sagen „ich kann nicht glauben!“. Dabei glauben alle irgendwas. Aber die Menschen suchen ihre Ehre, ihre Bestätigung und Anerkennung bei den Menschen und nicht bei Gott. Doch das hält nicht stand. Wir sind von Gott geschaffen, gewollt und gerufen. Er ehrt uns und unsere Ehre gehört ihm. Parzany schiebt da eine Karikatur von Paul Weber ein: Menschen treten in Reih und Glied an, damit ihnen das Rückgrat herausgenommen werden kann und sie davonschleichen müssen. So sind wir. Allem menschlichen mit viel Toleranz und Verständnis begegnen aber, wenn es um christliche Werte geht, steht niemand mehr hin. Zur Zeit gibt es in Berlin eine Aids-Präventionskampagne mit Plakaten. Da sagt eine Frau….. Da schreit niemand auf, das ist heute halt einfach so, soll jeder leben wie er will. So ist das in Berlin: „Man macht was man will und sagt hinterher, dass das gut so ist.“ Aber da hängt Jesus. Parzany sieht ihn in dreifacher Weise: Da hängt der gekreuzigte Jesus – für uns am Kreuz gestorben, damit wir leben können. Da hängt der auferstandene Jesus – der lebt und heute mit uns leben will. Da hängt der segnende Jesus – der uns Wertschätzung, Liebe, Zuwendung gibt, der auf uns achtet, bei dem wir Ansehen haben. Parzany hatte in dieser Kirche eine Schreckensminute gehabt: Als er einmal beim Ausgang stand verliessen gerade zwei junge Frauen die Kirche. Da fragt die Eine die Andere: „Wer hängt denn dort an der Wand?“ Sie hatten keine Ahnung, sie wussten nichts von Jesus, sie kamen als Touristinnen, haben gemäss dem Reiseführer die Kirche angeguckt und gehen mit einer alles entscheidenden Frage weg. Wer gibt ihnen die Antwort?
Dem evangelistischen Aufruf folgten etwa zehn Personen. Sie gingen nach vorne in Begleitung von weiteren zehn Helfern. Dabei wurde das Lied „Jesus, zu dir kann ich so kommen, wie ich bin.“ vorgetragen. Parzany betete laut für sie, so dass alle mitbeten konnten. Mit dem Segen des Ortspfarrers, an den Flüchtlingen und den Polizeiwagen vorbei, gingen wir nach Hause.

Sonntag, 18. Mai 2014

Schweizer Botschaft


Mit Daniel Rebmann, Architekt, besichtigen wir die Aussenseite der Schweizerischen Botschaft.
Das Urteil der meisten Leute lautet: „Schrecklich wie dieses Botschaftsgebäude aussieht!“ „Es symbolisiert einen Tresor, einen Schweizer Banksafe.“ „spröde.“ „Der Anbau: Charme einer Justiz-Vollzugsanstalt.“
Aber: „Der erste Blick reicht nicht zum Verlieben aus.“ So eine Journalistin der Frankfurter Allgemeinen. Es braucht etwas Wissen, um diesem Gebäude näher zu kommen. So lasse ich mich von Daniel Rebmann einige Details erklären.
Das Gebäude wurde 1870/71 im Zuge einer Überbauung des Geländes als herrschaftliches Haus für Friedrich Frerichs, Arzt (unter anderem Direktor an der Charité) errichtet. 1919 kaufte die Schweizerische Eidgenossenschaft das Gebäude und es diente darauf als Kanzlei für die Schweiz. Hitler liess die Gebäude auf dem Gelände abreissen, weil er für seine „Welthauptstadt Germania“ hier das Zentrum errichten wollte. Die Bombardierungen der Alliierten im April 1945 zerstörten noch den Rest dieser Überbauung. Das Gebäude der heutigen Schweizer Botschaft aber blieb als einziges stehen. Dazu gibt es die Geschichte des Hausmeisters. Er soll vor den Bombardierungen das Treppenhaus mit Sand gefüllt haben und so eine Stabilisierung des Gebäudes gegen Bombenschäden vollbracht zu haben.
1992 wurde das Konsulat zu einer Aussenstelle der Botschaft in Bonn. Nach umfangreichen Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten wurde die Schweizerische Botschaft 2001 von Bonn in dieses Gebäude verlegt.
Da das Gebäude ursprünglich ein Teil einer ganzen Häuserzeile war, wollten die Architekten das mit dem Anbau zum Ausdruck bringen. Die westliche Fassade wurde mit einem Betonrelief von Helmut Federle, Wien, gestaltet. Die Reliefstruktur will die Fassade des Altbaus übernehmen und in einer zeitgemässen Form wiedergeben. Ebenso übernimmt der Anbau im Osten die Fensteranordnung des Altbaus. Dieser Anbau ist aus einem Betonguss gebaut. Die Fenster der Ostfassade sind zueinander leicht versetzt. Das bewirkt eine optische Auflösung einer ansonsten harten Geometrie. Die Nordfassade des Anbaus übernimmt ganz die Fensteranordnung des Altbaus.
Sicher hätte man den Anbau getreu der alten Fassade nachbauen können. Man hätte ein homogenes Gebäude ohne Störung. Aber die Störung durch die Spannung von alt und neu muss sein. Das Haus steht in einer Geschichte von solchen Störungen. Wir leben heute mit dieser Geschichte und leben heute ebenso in Spannungen. Spannungen auflösen, vor allem wenn sie zu schnell aufgelöst werden, ist meist nicht hilfreich. Denn da geht mehr kaputt als dass etwas Konstruktives entsteht. So „stört“ die Schweizer Botschaft die ansonsten so perfekt gestaltete Kanzler- und Reichstagsumgebung. Übrigens wohnt der neue Botschafter mit seiner Familie in diesem Gebäude. Und da er Kinder hat, gibt es im Botschaftsgarten nun auch Kinderspielgeräte.
In der Mitte Berlins gibt es ja viele Botschaftsgebäude. Die Russische Botschaft spielt grossartig mit einer parkähnlichen Vorfahrt und goldbestückten Eingangspforten auf. Die Amerikanische Botschaft hat sich hinter Absperrungen, Überwachungskameras und patrouillierenden Polizisten verschanzt und das Dachgeschoss erinnert mich an den Aufbau eines Kriegsschiffes. Ja, Botschaften vermitteln Botschaften.

Gross Väter Seen


Ich begleite zusammen mit Alex und Torsten die Sr. Inge zu einem Einsatz in einer Freizeitanlage ausserhalb Berlins. Wir fahren mit dem VW-Golf von Sr. Inge – Torsten als Fahrer – nördlich von Berlin auf’s Land hinaus. Kurz nach Berlin wird es sehr ländlich. Lange, gerade Strassen, gesäumt von schönen Bäumen führen durch eine Landschaft fast ohne Häuser. Manchmal geht die Strasse kilometerlang durch Wälder. Dann kommen wieder grosse Ackerfelder. Einmal sehe ich einen dieser Raupentraktoren – in der Schweiz habe ich noch nie so einen gesehen – mit zwei Raupenpaaren. Er schleppt ein Karstgerät über den Acker. Ab und zu fahren wir durch ein Dorf – die Häuser fast alle noch aus der DDR-Zeit. Jetzt aber farbige Fassade und ein westliches Auto vor der Tür.
Unser Ziel ist das Feriendorf Gross Väter See, eine Einrichtung der Berliner Stadtmission. Hier werden wir herzlich von Pfarrer Wilhelm Fingerhut begrüsst. Er ist mit seiner Gemeinde Britz aus Berlin-Neukölln (1931 gegründet) für ein Wochenende hier. In einem kleinen Saal versammeln wir uns im Kreis, singen ein paar Lieder und Sr. Inge spricht in ihrer herzlichen aber bestimmten Art zum Thema „Gebet“. Sie ist von Gott für ganz bestimmte Aufgaben berufen worden und hatte so die Einstellung, dass ihr Gott nun auch helfen müsse. Denn oft waren die Aufgaben nach menschlichem Ermessen unmöglich. Und doch hat sie erleben dürfen, dass Gott das gegeben hat, was es brauchte. In einem Ladenprojekt, damals noch in Freiburg i.B. hat sie eine schöne alte Vitrine geschenkt bekommen. Sie hat Gott das Anliegen gebracht, dass sie diese doch noch mit guter Ware für den Verkauf füllten könnte. Ein paar Stunden später, um die Mittagszeit kommt eine Peruanerin in den Laden und bringt ihr so viel Schmuck, dass die Vitrine gerade richtig gut gefüllt ist. Auf die Frage, woher sie diesen Schmuck habe, antwortete sie, dass diesen Vormittag ein fremder Herr an ihrem Schmuckstand im Markt vorbeigekommen sei und ihr allen Schmuck abgekauft habe, mit dem Auftrag, diesen hier vorbeizubringen.
Auch mit ihrer Ukrainehilfe, die sie dann aufbauen konnte, erlebte sie immer wieder Gebetserhörungen und Gottes liebevolles Eingreifen. Sr. Inge streicht die Aussage aus dem Hebräerbrief hervor: „Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.“ (Hebr. 4,16) Das ist das Wesen des Gebets: Zu ihm treten und mit ihm unser Leben teilen, auf ihn hören, von ihm empfangen und Hilfe erhalten.
Die rund 20 Gemeindeglieder werden ermutigt, mit Gott zu reden.
Wir dürfen anschliessend noch das Mittagessen einnehmen und an der Wand des Speisesaals lese ich: „Nicht, wie viel wir haben, macht uns glücklich, sondern wie sehr wir es geniessen. Spurgen“
Draussen auf dem Platz des Feriendorfes bereitet ein Pfarrer eine Hochzeit vor. Offenbar findet die heute Nachmittag statt.
An der Wand der Kapelle finde ich dann auch die Geschichte dieses Dorfes.

Auf der Rückfahrt lädt uns Sr. Inge in einer Eisdiele zu einem Becher Eis ein. Ich erhalte einen Becher Erdbeereis: Glasschale mit drei Kugeln Vanilleglace, darüber reichlich frische Erdbeeren, dann ein froher Zipfel Rahm geschmückt mit Schokolade. In der Schweiz heisst so was „Cup Dänemark“.

Samstag, 17. Mai 2014

Freitag, 16. Mai 2014

Humor Nr. 04

Wie viele Hochzeitspaare entdeckst Du unter dem stolzen Reiter?

Der Prediger hat doch die schönste Tätigkeit der Welt

Der aktuelle Dienstplan der Bundestagsabgeordneten

Donnerstag, 15. Mai 2014

Stasi Museum


Nördlich der Frankfurter Allee in Berlin-Lichtenberg befand sich von 1950 bis 1989 das Hauptquartier der DDR-Staatssicherheit, der Stasi. Es ist bedrückend unter den riesigen Plattenbauten dieses Geländes zum Hauptgebäude, in dem das Museum ist, zu gehen. Das Ministerium für Staatssicherheit war das Machtinstrument der regierenden Sozialistischen Einheitspartei. Hier hatte der Minister für Staatsicherheit, Erich Mielke seinen Dienstsitz. Dessen private Räume, sein Dienstzimmer, die Vorzimmer und Besprechungsräume sind hier im Originalzustand zu besichtigen. Das Museum bringt mir die DDR mit ihren Ideen näher. Da wurden Sätze wie folgende kreiert: „Durch die Angehörigen des BdL/Einheit Wach- und Sicherungsdienst wurde im Rahmen der Neuerertätigkeit (so steht es vor meinen Augen, MF) ein Diorama des Dienstobjektes des MfS in Berlin-Lichtenberg, Normannen-/Gotlindestrasse im Massstab von 1:300 geschaffen.“ „Die Handlungsfähigkeit und die Meldetätigkeit der Führungskräfte des Büros der Leitung/Einheit Wach- und Sicherungsdienst, werden durch die objekt- und lagebezogene Übersicht qualifiziert.“
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die politischen Parteien im Ostteil Deutschlands zur SED, zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands zusammengeführt. Sie hatte 1989 2,3 Mio. Mitglieder. Heute sind es noch rund 60‘000 Mitglieder. Ihre diktatorische Herrschaft rechtfertigte sie mit Hilfe der marxistisch-leninistischen Ideologie.
Ich lese da: „Der Sieg der grossen sozialistischen Oktoberrevolution ist das Hauptereignis in unserem Jahrhundert, das den Verlauf der Entwicklung der ganzen Menschheit grundlegend verändert hat.“ Erich Honecker. Die Erziehung zum „sozialistischen Menschen“ war Programm in der DDR. Schon die Kinder wurden da in der parteikonformen Denkweise unterwiesen. Die Partei als oberstes Organ wusste was gut und falsch war, sie berief sich auf die „wissenschaftliche Denkweise“. Und sie propagierte die DDR als „Arbeiter- und Bauernstaat“. Ein Auszug aus einem Deutsch-Lehrmittel, wohl für die Unterstufe: „7. Unsere Soldaten: Sie lenken Panzer. Sie zielen nach der Scheibe. Sie üben fleissig. Sie fliegen mit schnellen Flugzeugen. Sie schiessen mit dem Gewehr. Sie wachen an unserer Grenze. Sie schützen unser Land. a) Sage, was die Soldaten tun! b) Welche Wörter nennen die Tätigkeiten der Soldaten?“ Die Kinder erhielten bei den „jungen Pionieren“ und dann als Jugendliche bei der „FDJ“ der „Freien Deutschen Jugend“ sportliche, gemeinschaftsbildende und politische Erziehung. Die „Jugendweihe“ war offensichtlich ein Ersatz für die Firmung, respektive die Konfirmation. Die DDR hatte neben der Volksarmee eine paramilitärische Freiweilligen Organisation mit rund 190‘000 Mitgliedern. Diese wurden in den üblichen Soldatentätigkeiten ausgebildet.
Ein grosser Teil des Museums ist den Methoden der Stasi gewidmet. Die verschiedenen Abhörgeräte und die Spitzeltätigkeiten sind anschaulich dargestellt.
Es war ja gut gemeint, dieser Sozialismus der DDR aber er entwickelte sich zu einem unmenschlichen System. Man wollte ohne Gott sein Leben und das Zusammenleben gestalten. Wenn Menschen ohne Gott schalten und walten, wird es unmenschlich. Die evangelische Kirche in der DDR hatte es schwer. Ende der 70er Jahre bot sie den entstehenden Friedensgruppen zunächst Raum, in dem diese sich geschützt vor staatlichem Zugriff entwickeln konnten. Viele Kirchenamtsträger unterstützten die Friedengruppen aber zu wenig. Das führte dazu, dass sich in den 80er Jahren die Friedengruppen mehr und mehr eingeengt fühlten und die kirchlichen Räume zunehmend verliessen. Dennoch kann man sagen, dass die Kirche ein wichtiger Pfeiler für den Widerstand und den Mauerfall 1989 war. Die Zeugen Jehovas waren sowohl von den Nazis wie auch der SED verfolgt worden. Sie stehen zwar nicht in der Lehre des Evangeliums von Jesus Christus, sondern vertreten eine Sonderlehre. Aber das war kein Grund der Verfolgung – sie wurden nicht wegen ihres Glaubens an Jesus verfolgt, sondern weil sie Andersdenkende waren. Da gilt der Satz von Rosa Luxenburg: „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden.“
Der Umfang der Stasiakten wurde erst nach 1989 sichtbar: 111 Kilometer Akten, 1,7 Mio. Fotos, 28‘000 Tondokumente. Die Bevölkerung wehrte sich gegen die Vernichtung der Akten und für die Öffnung der Aktenschränke. Unglaubliches Denunziantentum kam da zum Vorschein. Ein kalter Apparat wollte die Freiheit sichern. Mit Mauern und Gefängnissen wollte man den schlechten Einfluss des Westens verhindern. Aber das Volk machte das je länger je weniger mit. Jugendliche Punks, Rocker zeigten sich öffentlich. Westliche Musik wurde eingeschmuggelt. Jeans waren begehrt. Die Kunstszene wurde immer kritischer gegenüber dem Staat. Die Christen beteten. Und als dann noch politische Umwälzungen in den umliegenden Ländern der UdSSR stattfanden, wusste die SED dem Drang des Volkes in den Westen nichts mehr entgegen zu setzen. Die Mauer fiel.

Mittwoch, 14. Mai 2014

Friseur


Beim türkischen Friseur an der Stromstrasse (…) habe ich heute einen „Faconschnitt“ bekommen. 12 Euro und eine freundliche Unterhaltung gehörten auch dazu.

Dienstag, 13. Mai 2014

Medizinhistorisches Museum



Die Berliner Charité ist eine berühmte Universitätsklinik in der Rudolf Virchow (1821-1902) unter den grossen Namen die hier tätig waren, hervorsticht. Virchow war hier Arzt und Begründer der modernen Pathologie. Sehr umtriebig hat er die bis daher geltende Viersäftelehre in Richtung Zellenlehre gelenkt. Er hat fleissig Leichen seziert – ungefähr zwei pro Tag, hat viele Präparate zu einer Ausstellung zusammengestellt und war auch in der Stadt Berlin bei einigen wichtigen Projekten massgeblich beteiligt. So hat er die Kanalisation von Berlin initiiert. Zu Virchows Zeit war die Sammlung von menschlichen Präparaten äusserst beliebt. Natürlich war sie vor allem für die Medizinstudenten da. Aber auf einem Stockwerk wurde die Sammlung auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie war immer am Sonntagmorgen geöffnet, weil Virchow ein vehementer Gegner von Kirche und Christentum war. So machte er die Präparaten Sammlung zur Konkurrenz des Gottesdienstbesuches. Es sollen an manchen Sonntagen bis zu 300 Besucher gekommen sein.
Ich habe eine Führung mit Tom gebucht. Tom ist sehr gut bewandert in der Medizingeschichte und die Führung war so interessant, dass sie auch gleich eine halbe Stunde länger dauerte als geplant. Aber es war nie langweilig. Denn Tom verstand es in allen Einzelheiten zu schildern, wie früher Bader die Leidenden auf einem Tisch festbanden und die Blasensteine ohne Betäubung entfernten. Überhaupt zeigte sich, dass erst mit der Narkose der grosse Durchbruch der Chirurgie begann. Vorher war es einem Mediziner nicht gestattet „Hand anzulegen“, respektive es war schlichtweg unter seiner Würde handwerklich tätig zu sein. Mit der Narkose wurden schnell neue Operationstechniken erfunden und die entsprechenden Bestecke hergestellt. Auch das Röntgen war ein grosser Durchbruch. Nun konnte man in den Menschen hineinsehen. Das wurde in den ersten Jahren auch exzessiv genutzt. Mancherorts wurden gar öffentliche Veranstaltungen durchgeführt, in denen mittels Röntgengeräten und fluoreszierenden Leinwänden Menschenskelette auf der Bühne tanzten. Ausserordentlich interessant fand ich auch die „Eiserne Lunge“. Eine Maschine die tatsächlich so von den Drägerwerken in Lübeck benannt wurde. Es ist eine Beatmungsmaschine die auf den Körper (ausser dem Kopf) abwechslungsweise einen Unter- und Überdruck erzeugt und so die Lunge bewegt. Vor allem zur Zeit der Polioepidemien wurde diese Maschine massenhaft eingesetzt. Erst die Polioimpfung machte sie überflüssig. Tom machte uns damit auch auf einen Trend aufmerksam, der in unseren Breitengraden immer mehr zunimmt: Man lässt sich und seine Kinder nicht mehr Impfen. In Deutschland weiss man, dass sich Polio bis zu einer Durchimpfung der Bevölkerung von 71% nicht gross verbreitet. Wenn die Durchimpfungsrate darunter fällt, geht es los. Zur Zeit ist die Durchimpfungsrate etwas über 72%. Auch andere Krankheiten sind wieder im Vormarsch: Tuberkulose, Röteln, Diphterie. Alles Krankheiten die man zuverlässig impfen kann. Aber in Deutschland besteht zur Zeit das Dilemma, dass die Impfungen erstens freiwillig sind und zweitens die Finanzierung oft nicht gesichert ist, da sich Krankenkassen und der Staat lieber nicht daran beteiligen wollen.
Die Präparate sind sorgfältig ausgewählt (Die meisten Präparate des Museums sind im Keller gelagert und nicht zugänglich) und logisch aufgebaut. Pro Schaukastenreihe wird ein Organ dargestellt. Zuerst gesund, dann krank und zuletzt wird ein Krankheitsverlauf genauer beleuchtet.
Die Hörsaalruine (der ehemalige Hörsaal von Rudolf Virchow) mit den alten Backsteinmauern wird gerne für Feste und auch Filmaufnahmen gebucht. Er ist in seinem Zustand ein Überbleibsel aus dem Krieg, provisorisch damals mit einer Betondecke versehen aber ohne Fenster belassen. Ein Paradies für Vögel und ihre Nester. Dann hat man die Fenster eingesetzt, den Raum gereinigt, technische Anlagen und Heizung eingebaut und so steht er nun zur Verfügung.

Sonntag, 11. Mai 2014

Demo


Rund 12‘000 Demonstranten zogen vom Hauptbahnhof über die Spree, an der Schweizer Botschaft und dem Kanzleramt vorbei, über den Platz vor dem Reichstag weiter zum Hauptsitz der CDU. Die Demonstration richtete sich gegen die Stromerzeugung mit Atom- und Kohlekraft, für einen sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft und für eine Förderung der erneuerbaren Energien. Die Demonstranten verhielten sich friedlich und die Polizei stand gut vorbereitet in Hintergrund.

Gottesdienst Nr. 10


Gottesdienst im Zentrum der Stadtmission. Predigt Thomas Hölzemann. Jubilate, Psalm 66 wird vorgelesen und 5. Mose 6,1-5 (Schma Israel). Die Predigt behandelt, das für uns überraschende Ereignis im Leben von Jesus (so die Predigtserie), von Lukas 8,19-21 – Jesus wahren Verwandte. Stichwort „Familie“. Von Familie kommen wir nicht los, gleich wie unsere Beziehungen aussehen – irgendwie haben sie immer etwas mit Familie zu tun. 1. Da ist die Familie. Jesus hat eine Familie! Er sieht sie. Doch eine Menge (Menschen, Kilometer, Beziehungsschwierigkeiten, Zeit, Arbeit,…) stehen im Weg. Der Muttertag kann heute auch Familientag sein. 2. Die Familie fordert. Sie hat Ansprüche und ich habe Ansprüche an sie. Schliesslich ist doch „Blut dicker als Wasser“. Ich bin aber in Jesus nicht mehr von meiner Familie abhängig. In Jesus bin ich frei. Und doch gleichzeitig wieder neu gebunden und verpflichtet. Jetzt aus einer neuen Perspektive und einer neuen Position heraus. Die Familie kann ich nicht einfach links liegen lassen. Auch Jesus hat das nicht getan (obschon man es bei unserem Text meinen könnte). Er hat später am Kreuz fürsorgerlich zu seiner Mutter geschaut. Sein Bruder Jakobus hat wichtige Aufgaben weitergeführt. Ich bin mit Jesus vor und mit der Familie verantwortlich. 3. Mit Jesus habe ich eine neue Familie bekommen: Die Gemeinde. Es sind die Menschen, die Gottes Wort hören und es tun. Wir sind Familie als Gemeinde und haben diese Familie zu pflegen und zu fördern. Das Lied zum Abschluss hat uns alle sehr berührt: „Wir alle“ von Albert Frey – begleitet von zwei akustischen Gitarren und einer Mundharmonika.

Samstag, 10. Mai 2014

Im Zentrum

Ich mache heute eine Tour im Regierungsviertel. Hier sind die Sehenswürdigkeiten, die in einem Reiseführer als „Berlin für Anfänger“ bezeichnet werden.

Vom Hauptbahnhof gehe ich über die Fussgängerbrücke und sehe rechts vor mir das Bundeskanzleramt, der Sitz der Bundeskanzlerin Merkel. Die ist zwar nicht da, aber bewacht wird das Gebäude trotzdem gut.
Eigenartigerweise ist nun hier auch ein Gebäude, das irgendwie quer in der Landschaft steht: Die Botschaft der Schweiz. Dass die Schweiz einen derart prominenten Platz bekommen hat, ist geschichtlich begründet und sagt nichts über die Beziehung Deutschland-Schweiz aus. Obschon wahrscheinlich ein grosser Teil der Deutschen meint, dass die Schweiz ein Teil Deutschlands sei. Vielleicht kann man aus der Lage der Botschaft schliessen, dass Deutschland die Schweiz in ihr Herz geschlossen hat. Oder eine Interpretation könnte sein, dass es Deutschland gut tut, so einen eigensinnigen Störenfried in seiner Mitte zu haben.
Auf jeden Fall geht mein Weg etwas östlicher zum Paul-Löbe-Haus. Es erstreckt sich weit Richtung Osten, geht über die Spree und ist auch dort mit gleicher Architektur vertreten. Dieser Brückenschlag soll symbolisch die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland zeigen. Hier hat das Parlament seine Büros, Sitzungszimmer, Treffen, Besprechungen – hier fallen wohl die meisten Entscheidungen – obschon sich das Parlament für die Plenarsitzungen mit den Abstimmungen im Reichstagsgebäude trifft: Der Bundestag.
Der Reichstag mit seiner neuen, markanten Glaskuppel ist ein imposantes Gebäude. Es wurde zur Zeit von Kaiser Wilhelm gebaut (1894). Mit grossen Buchstaben steht da: „Dem deutschen Volke“. Diese Beschriftung soll dem Kaiser aber gar nicht gefallen haben.
Ich gehe weiter Richtung Süden und komme zum Brandenburger Tor (Ende 18. Jahrhundert errichtet). Das Wahrzeichen Berlins, das Symbol für die Trennung und Wiedervereinigung von Ost und West. Durch dieses Tor ging nicht nur ich, sondern auch Napoleon, Arbeiter und Soldaten, Goebbels Fackelträger, Bauarbeiter für die Mauer, Ostdeutsche und Westdeutsche und immer wieder irgendwelche Demonstranten. Hier in unmittelbarer Umgebung gibt es viel zu sehen: Das berühmte Hotel Adlon, die Strasse Unter den Linden, den Pariser Platz und den Platz des 18. Mai (1848 Revolution für mehr Freiheit und Demokratie und 1990 Volksentscheid der DDR-Bürger für die Wiedervereinigung).
Im Rücken habe ich die Strasse des 17. Juni (zum Gedenken an den Volksaufstand 1953 in der DDR). Sie ist eine breite und lange Allee und am Ende steht die Siegessäule, die „Goldelse“. Sie erinnerte ursprünglich vor dem Reichstagsgebäude an die Siege Preussens. Hitler hat sie dann in den Strassenstern versetzt.
Ich gehe nun weiter Richtung Süden, an der Kommerzbank (Foto lohnt sich nicht) vorbei zur amerikanischen Botschaft. Sie ist funktional und terrorsicher gebaut und wird ständig von Polizisten bewacht.
Einige Schritte weiter öffnet sich das weite Feld der Stelen die zum Gedenken an den Holocaust gebaut wurden. Auch das ein Teil der Geschichte Deutschlands, gut integriert in die Reihe der Erinnerungen.
Mein Weg führt weiter zum Potsdamer Platz. Hier hat die Finanzwelt ihren Prunk hingestellt. Auch die Deutsche Bahn lässt sich nicht lumpen und Sony hat sich gleich ein Center geleistet. Ganz klein dazwischen das Legohaus.
Ich gehe um die Ecken der Hochhäuser und tauche in den beruhigenden Waldpark des Tiergartens ein. Das ist eine Erholungsinsel mitten in der Stadt!
Weiter Richtung Norden komme ich zum Haus der Kulturen. Ein architektonisch auffälliger Bau. Und ich glaube, dass niemand so recht weiss, was der Bau eigentlich soll. Klar, es gibt da Veranstaltungen.
Wunderschön – ich treff es gut – das Glockenspiel des Kirchturms.
Und dann schliesst sich mein Rundgang hier auf der Wiese vor dem Reichstag.