Dienstag, 29. April 2014

Bunker an der Fichtestrasse


Berliner Unterwelten – der „Mutter-Kind-Bunker“ an der Fichtestrasse
Nachdem in London die Strassenbeleuchtung mit gasbetriebenen Laternen eingeführt war, holten sich die Berliner die Engländer, damit sie das auch in Berlin einrichten würden. An der Lindenstrasse entstand so die erste Strassenbeleuchtung mit Gas in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts. Schnell kamen weitere Strassen dazu und es wurden Gaswerke (aus Steinkohle wurde am damaligen Stadtrand Gas produziert) mit Speichern gebaut. Einer dieser Speicher (Gasometer) ist hier an der Fichtenstrasse noch erhalten. In der Funktion des Gasspeichers stand er bis in die 1930er Jahre. Obschon das Naziregime propagierte, dass nie eine Bombe auf Berlin fallen werde, erliess eben dieses Regime ein Gesetz zum Schutz der Bevölkerung und zum Bau von Schutzbunkern. Der Bunker wurde für damalige Verhältnisse „bombensicher“ gebaut. Der Gasometer erhielt innen zwei bis drei Meter dicke Betonmauern. Dass er ein Vorzeigeobjekt zu Propagandazwecken war, zeigt sich in seiner übertriebenen Innenausstattung: Fliesenbeläge, teure Beläge in den Nassräumen, Doppeldecke um die Rohrleitungen optisch abzudecken, zwei Lifte, eine Belüftungsanlage für 80‘000 Personen (der Bunker hatte ein Fassungsvermögen von 6500 Personen, am grossen Bombentag vom April 1945 waren rund 30‘000 Personen in den Bunker gepfercht). Solche Bunkeranlagen standen nur einer einstelligen Prozentzahl der Berliner Bevölkerung zur Verfügung. Weit mehr Menschen suchten während der Bombardierungen Schutz in Kellern oder den U-Bahnen (U-Bahntunnels eignen sich übrigens sehr schlecht als Schutz vor Bombardierungen, weil sie oft nur wenig unter der Erde/Strasse gebaut sind). Ich staunte darüber, dass der Sechszylinder Deuz-Diselmotor noch lief. Er wurde vor unseren Augen mit Druckluft angeworfen. Genau diese Motoren wurden auch in die deutschen U-Boote eingebaut. Nun, der Bunker diente vor allem den arbeitenden Frauen und ihren Kindern als Schutz in der Nacht vor Bombenangriffen. Später nach dem Krieg wurde der Bunker als Gefängnis, Altersunterkunft und Lagerraum gebraucht. Ein Abreissen wäre zu teuer. So wurde er von einem Immobilieninvestor gekauft und nun sind in der Kuppel 13 Wohnungen des obersten Preissegments entstanden (pro Wohnung ca. 1,3 Mio. Euro). Dafür hat man eine schöne Aussicht über Berlin. Der Bunker selber wird vom Verein „Berliner Unterwelten“ erhalten und restauriert. So dass er Zeitzeuge ist und bleibt.

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