Samstag, 21. Juni 2014
Hugenottenmuseum
Die Französische Friedrichstadtkirche, der Französche Dom
Gesangbuch der Gemeinde von einem Splitter einer Bombe im Zweiten Weltkrieg durchbohrt
Nach dem 30 jährigen Krieg hatte Berlin nur rund 15‘000 Einwohner (zum Vergleich Paris: 750‘000 Einwohner). In Brandenburg herrschte Not und Elend. Frankreich war kulturell, sprachlich, handwerklich, wirtschaftlich die führende Kraft und das Vorbild in Europa. Aber Louis XIV, der Sonnenkönig, unterdrückte die Reformierten (Hugenotten; Calvin!). Ab 1660 begann Ludwig XIV systematisch die protestantische Minderheit zu unterdrücken. So wurden die Kinder, die älter als sieben Jahre waren, den Eltern weggenommen und zwangsweise katholisch erzogen. Es gab mehr als 300 Sondergesetze für die Protestanten. Protestantische Städte wie z.B. Lyon waren führend im Handel und Gewerbe und florierten. Der protestantische Glaube und die Minderheitensituation förderten den Fleiss und die Arbeitsethik. Ab 1881 nahm der Druck zu. Sogenannte „Dragoner“, „gestiefelte Missionare“ begannen sich bei den Protestanten einzuquartieren. Darauf konvertierten die meisten Protestanten zum katholischen Glauben. Es gab eine grosse Auswanderungsbewegung nach England, Holland, Deutschland und der Schweiz. Das Edikt von Nantes wurde dann 1685 von Louis XIV aufgehoben. Alle evangelischen Kirchen in Frankreich wurden zerstört, die Pfarrer des Landes verwiesen. Die Flucht war zwar verboten und wurde schwer bestraft. Dennoch verliessen viele Protestanten Frankreich. Manche wurden gefangen genommen und wurden auf Galeeren versklavt. Andere sassen jahrelang in dunklen Gefängnissen (Z.B. Marie Durand 38 Jahre lang).
Wohl als Reaktion auf die Aufhebung des Edikts von Nantes erliess der preussische Kurfürst Friedrich Wilhelm 1685 das Edikt von Potsdam. Es versprach den zuziehenden Hugenotten viele Privilegien wie Steuererlass und Freiheit in Glaubensfragen. Zu den 15‘000 Einwohner Berlins kamen innert weniger Jahre 20‘000 Hugenotten. Es entstand ein neues Quartier, die Friedrichsstadt. Nun prägte die französische Sprache Berlin – manches hören wir heute noch. Nicht von ungefähr heisst die Uniklinik „Charité“. Diese französischen Kolonien hatten eine eigene kirchliche Ordnung, eigene Gebäude, wirtschaftliche Sonderrechte und sie sprachen bis 1809 nach französischem Recht recht. Die französische Kirche in Berlin widmete sich besonders der Armenfürsorge (kein Hugenotte sollte betteln müssen) und der Kindererziehung (jeder soll die Bibel lesen können). Ein Krankenhaus an der Friedrichstrasse kümmerte sich seit 1686 um Kranke und Alte. Berlin blühte unter dem Einfluss der Hugenotten auf. Sie brachten das Wissen und Können auf vielen Gebieten mit: Metallbearbeitung, Giessen, Weben, Uhren und Schmuck herstellen. Namhafte Grössen wirkten in Berlin: Professoren (Leonard Euler, Mathematiker 1741-1766 in Berlin), Apotheker, Ärzte, Kaufmänner, Künstler (Theodor Fontanes; Familie Reclam, Familie Chodowiecki). Friedrich II sagte später: „Sie halfen unsere verödeten Städte wieder bevölkern und verschafften uns die Manufakturen, welche uns mangelte.“
Speziell erheiternd ist folgende Begebenheit: Der Kurfürst führte 1688 als „Arbeitsbeschaffungsmassnahme“ für die Hugenotten das erste „Taxi“ in Berlin ein. Für eine kleine Gebühr konnte man sich in einer Sänfte von diesen Franzosen durch die Stadt tragen lassen.
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