Mittwoch, 7. Mai 2014
Adam
Adam sitzt wie fast jeden Tag auch heute in der Ecke der Bahnhofsmission. Er gibt mir freudenstrahlend die Hand und zwei Euro. Dann streckt er mir einen Zeitungsbericht, fein säuberlich in einer Plastikhülle verpackt, entgegen. Ich soll seine Geschichte lesen.
Von Björn Trautwein, 5. Februar 2013, Berliner Morgenpost. Hand aufs Herz: Wenn Sie 800 Euro entdecken, die niemandem gehören – würden Sie das Geld behalten oder den Fund melden? Adam S. (77) ist genau das jetzt in der Bahnhofsmission am Zoo passiert. Er bekam dort einen alten Rucksack geschenkt. „Als ich den aufgemacht habe, lagen in der Innentasche acht 100-Euro-Scheine.“ Fast jeden Tag steht der Rentner in der Schlange vor der Einrichtung am Bahnhof Zoo. Hier bekommt er ein paar Stullen und eine Tasse heissen Kaffee, ab und zu auch gespendete Kleidung – wie Hosen, eine Winterjacke oder eben einen Rucksack. „Ich habe nur 600 Euro Rente“, sagt er, „davon bezahle ich die Miete für eine kleine Wohnung für mich und meine Frau, versorge auch noch unsere Kinder mit. Da bleibt nichts übrig.“ Doch als er das Geld aus dem Rucksack packt, gerät er trotzdem nicht in Versuchung: „Ich war mein Leben lang immer ehrlich und das soll auch so bleiben“, sagt er, „das Geld gehörte mir nicht, deshalb habe ich es sofort zurückgebracht.“ Im Büro der Einrichtung erzählt er seine Geschichte, drückt Mitarbeiter Ralf Sponholz (34) die Scheine in die Hand. Der staunt: „Die Bahnhofsmission ist mit ihren 5000 Besuchern oft ein skurriler Ort. Da passieren eben auch mal kleine Wunder.“ Weil sich die Herkunft des Rucksacks nicht mehr klären lässt, werden von dem Geld jetzt Lebensmittel gekauft. Und davon hat dann auch Adam S. wieder etwas. Der Ehrliche ist immer der Held.
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